Powernapping – Tipps & Tricks zum Turboschlaf?

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kurzer Schlaf für neue Kraft im AlltagWenn sich stressgeplagte Europäer nach Asien aufmachen, fällt ihnen fast immer kurz nach der Landung eines auf: Entspannt dösende Menschen in der U-Bahn, auf öffentlichen Sitzbänken oder im Café. Was für die meisten Westler ein Unding ist, gehört in vielen fernöstlichen Ländern zum normalen Alltagsleben mit dazu – das gemütliche Nickerchen am Tage in der Öffentlichkeit.

Warum auch uns der Tagesschlaf guttun könnte und wie der Schlummer im Alltag zu realisieren ist, finden Sie hier zusammengefasst.


Powernapping – was ist das überhaupt?

Seitdem der kurze Halbschlaf am Nachmittag mit dem trendigen Anglizismus „Powernapping“ beschrieben wird, gewinnt der Mittagsschlaf auch hierzulande wieder an Akzeptanz. Dabei meint man mit der Beschreibung keinesfalls einen ausgedehnten Tiefschlaf, so wie er in der Nacht nötig ist. Vielmehr definiert der Begriff ein kurzes und knackiges Kraftnickerchen – auch Turboschlaf oder Superschlaf bezeichnet, welches am frühen Nachmittag abgehalten wird.

Warum ist das Kurzzeit-Nickerchen überhaupt nötig?

In unserer auf Leistung getrimmten Welt wollen alle Menschen permanent funktionieren. Das ist löblich, steht aber nicht im Einklang mit dem Biorhythmus. Denn ob man will oder nicht – am frühen Nachmittag ereilt nahezu alle Menschen ein Energietief.

Dabei hat der Knick in der Leistungskurve nichts damit zu tun, ob in der vorherigen Nacht genügend geschlafen wurde oder ob vorab ein üppiges Mittagessen stattgefunden hat. Vielmehr geht die Energielosigkeit von der inneren Uhr aus, die in der Zeit zwischen 13 und 15 Uhr etwas gemütlicher zu ticken scheint.

Insofern lohnt sich eine kurze Mittagsruhe für nahezu alle Menschen! Erwiesen ist, dass Powernapping sich positiv auf das Wohlbefinden, die Konzentration, die Gesundheit, die Stimmung sowie die Kreativität auswirkt – und zwar ganz ohne Nebenwirkungen.

Ist der Powernap also eine moderne Erfindung?

Nein, eigentlich basiert der Tagesschlaf auf der normalen Chronobiologie des Menschen. Vor der Industrialisierung war es für die Bevölkerung allgemein üblich, sich am Nachmittag kurz hinzulegen und zu schlafen. Davon zeugen nicht nur historische Berichte, sondern der Mittagsschlaf ist ebenso häufig in diversen Gemälden als gewöhnliche Alltagsszene festgehalten.

Mit der zunehmenden Industrialisierung entsprach der ureigene Schlafrhythmus des Einzelnen aber nicht mehr dem erforderlichen Arbeitsablauf der Fabriken und Werkshallen. Nun mussten sich die Menschen dem Takt der Maschinen anpassen und es blieb zur Erholung einzig ein schmales Zeitfenster in der Nacht übrig. Unter diesem hektischen Einfluss stehen wir noch heute und scheuen uns davor zurück, dem natürlichen Schlafbedürfnis am Nachmittag beherzt nachzugeben.

Wissenschaftlich erforscht

Aufgefallen ist die Diskrepanz zwischen gesellschaftlich akzeptiertem Tagesablauf (ohne Mittagsschlaf) und dem eigentlichen Biorhythmus des Menschen dem Schlafforscher Jürgen Zulley. In einem mehrwöchigen Experiment schottete er eine Personengruppe regelrecht ab, so dass sie weder Tageslicht noch eine Uhr zu sehen bekamen. Nun sollten die Probanden fortan selbst darüber entscheiden, wann sie sich schlafen legten oder wach bleiben wollten.

Das Erstaunliche: Neben dem wiederkehrenden Nachtschlaf begannen alle Studienteilnehmer damit, sich am Nachmittag kurz hinzulegen. Da sie keinen Zeitanzeiger hatten, interpretierten die Testpersonen den kurzen Tagesschlaf jedoch als Nachtruhe – und fühlten sich ausgeschlafen und fit. Seit diesem ausschlaggebenden Experiment wurde der Power Nap in vielen weiterführenden Studien intensiv erforscht.

Wie lange sollte der Energieschlaf dauern?

In der Kürze liegt die Würze. Beim Powernapping geht es nicht darum, ellenlang und ausgiebig zu schlummern. Vielmehr sollen in der knappen Ruhepause das Gehirn und vegetative Nervensystem dahingehend beruhigt werden, dass alle Körpervorgänge danach effektiver und leistungsstärker ablaufen können.

Das geht am besten, wenn der Schlaf nur 6 bis maximal 30 Minuten lang andauert. Diese kurze Zeitspanne reicht dazu aus, um alle positiven Effekte für Körper und Geist ins Rollen zu bringen.

Faultier Information

Das bringt das Nickerchen am Nachmittag konkret:

  • Verbessert eindeutig die Konzentrationsfähigkeit.
  • Verkürzt das Reaktionsvermögen um 16 Prozent.
  • Steigert die Leistungsfähigkeit um bis zu 35 Prozent.
  • Wirkt sich positiv auf das Kurzzeitgedächtnis aus.
  • Stärkt das Immunsystem.
  • Mindert um 37 Prozent das Risiko, einen Herzinfarkt zu erleiden.
  • Baut Stress und Gereiztheit ab.
  • Soll langfristig Depressionen oder einem Burn-out vorbeugen können.
  • Wirkt sich positiv auf die Laune aus und fördert das Selbstvertrauen.
  • Kann dazu beitragen, die Qualität des Nachtschlafs zu verbessern.

Sollte der Mittagsschlaf denn dann nicht etwas länger andauern?

Bei all diesen vielen positiven Ergebnissen könnte manch einer auf die Idee kommen, nun noch ein bisschen länger zu schlafen. Das ist aber leider eher kontraproduktiv. Dokumentiert ist, dass bei einem zu ausgiebigen Power Nap der Kreislauf absacken könnte. Dann fühlt man sich beim Aufwachen eher gereizt, desorientiert und unendlich müde. Damit wäre der eigentlich kraftspendende Effekt des Schläfchens dahin. Besser ist es, sich strikt an die Zeitvorgabe zu halten und nicht länger als eine halbe Stunde zu dösen.

Wieso wirkt Powernapping so positiv auf den Körper?

Wer im Einklang mit seinem ureigenen Biorhythmus lebt und sich nach dem Mittagessen kurz hinlegt, genießt viele direkte und indirekte Vorteile. Hintergrund ist, dass am frühen Nachmittag ein Leistungstief ansteht – ganz egal, wie viel Kaffee man dagegen konsumiert. Helfen kann nur ein kurzer Schlaf.

Wer sich nun die rasche Auszeit gönnt und sich körperlich wie geistig zurückzieht, der gleitet für wenige Minuten in die erste Leichtschlafphase hinein. Die Muskeln können sich entspannen, der Herzschlag verlangsamt sich, das Gehirn beginnt mit wichtigen regenerativen Prozessen. Wissenschaftlich erwiesen ist, dass diese Phase eine zentrale Bedeutung für das Erlernen und Verarbeiten von Informationen hat.

Nach knapp einer halben Stunde folgt auf die erholsame Leichtschlafphase eigentlich eine erste mitteltiefe Schlafphase – und die Ausschüttung bestimmter Schlafhormone beginnt. Nun heißt es also, schleunigst aus dem Mittagsschlaf zu erwachen, um nicht allzu tief in die Ruhe abzugleiten.

So klappt Powernapping im Alltag – Tipps & Tricks

Gesundheitliche wie individuelle Vorteile bringt der Leichtschlaf in jedem Fall. Für manche Menschen ist es zu Beginn aber schwierig, die kurze Erholungspause in den Alltag zu integrieren. Diese Tipps helfen dabei:

Faultier Information

  • Der perfekte Zeitpunkt:
    Ideal ist der Nap zwischen 13 und 14 Uhr. Wer später döst, riskiert eher Einschlafprobleme am Abend.
  • Die richtige Körperhaltung:
    Bequem sollte es schon sein, damit sich die Muskeln ordentlich entspannen können. Ideal geeignet sind ein bequemer Sessel oder eine Liege – und zuhause natürlich die Couch. Auch eine Isomatte (im Büro) oder ein zurückgelehnter Schreibtischstuhl sind okay. Ebenfalls bequem und praktisch: der Beifahrersitz im Auto.
  • Den Wecker stellen:
    Insbesondere Anfänger haben meist große Angst davor, zu tief einzunicken und womöglich zu verschlafen. Dagegen hilft die Wecker-Funktion am Telefon. Wer den Turboschlaf schon einige Male praktiziert hat, wird von alleine die Zeit abschätzen können.
  • Für Dunkelheit sorgen:
    Bereits mit dem Schließen der Augen beginnt die Erholung. Noch entspannender ist es, wenn eine Schlafmaske oder ein Augensäckchen aufgelegt werden.
  • Geräusche abschirmen:
    Nichts ist schlafraubender als das Summen des Druckers oder das Klingeln des Telefons. Dagegen helfen entweder Ohrstöpsel oder geräuschhemmende Kopfhörer. Der Vorteil von Letzterem ist, dass damit auch beruhigende Klänge das Einschlafen fördern.
  • Jetzt darf genossen werden:
    Was ist angenehmer, als sanft in den Schlaf hineingleiten zu dürfen? Dieser Augenblick sollte bewusst genossen und wie bei einer Meditation mit Wohlwollen begrüßt werden. Die entspannenden Momente sind erlaubt und dürfen mit gutem Gewissen ausgekostet werden.
  • Nach dem Aufwachen:
    Ruft der Wecker einen wieder in den Alltag zurück, sollte der Kreislauf angeregt werden. Ein Glas Zitronenwasser, Treppensteigen oder ein paar Dehnübungen helfen dabei, sich blitzschnell in den Arbeitstag einzufinden.
  • Den Tag wahrnehmen:
    Bis zum Feierabend sind es noch ein paar Stunden, in denen produktiv gearbeitet werden soll. Leicht gelingt dies, wenn kurz nach dem Nap ein paar Sonnenstrahlen getankt werden. Alternativ kann eine Tageslichtlampe helfen.

Powernapping im Job – kann das klappen?

Geschäftsmann beim PowernappingViele Unternehmer prahlen noch heute damit, nur „vier Stunden Schlaf“ zu benötigen und trotzdem verhandlungs- und führungsstark zu sein. Dank zahlreicher Burn-out-Beichten weiß man, dass dem nicht so ist.

Bestätigt ist, dass Menschen grundsätzlich sehr viel leistungsorientierter, konzentrierter, kreativer und gewissenhafter arbeiten, wenn sie ausgeschlafen und fit sind. Was liegt da näher, als auf die zahlreichen und gut dokumentierten Studien rund ums Powernapping zu vertrauen und das passive Mittagsschläfchen in die Lebenskultur einzuführen?

Selbstverständlich muss kein Unternehmen nun Schlafsäle zur Verfügung stellen oder den Mitarbeitern Isomatten austeilen. Doch wer ein zielorientiertes Miteinander wünscht und von seinem Team Leistung und Erfolgswillen erwartet, sollte handeln.
Oft hilft es bereits, in der Zeit zwischen 13 und 15 Uhr keine Meetings anzusetzen, um den Menschen etwas Zeit zur Erholung anzubieten. Im Gegenzug sollten Mitarbeiter sich nicht dafür genieren, wenn sie sich am Ende der Mittagspause oder am frühen Nachmittag für eine halbe Stunde zurückziehen (etwa ins eigene Auto oder in eine stille Ecke der Kantine).

Faultier InformationTipp:

Wer sich im Beisein von Kollegen gehemmt fühlt, könnte beispielsweise behaupten, die stille Auszeit mit Kopfhörern und Schlafmaske am Ende der Mittagspause diene dem Vokabeltraining. Dann dürfte es für alle Teammitglieder evident sein, den Kollegen in dieser Zeit nicht zu stören.

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Ulrich Carsten

Ulrich Carsten

Zertifizierter Bettenfachberater mit dem Schwerpunkt Matratzen in unserem Online-Shop Betten.at und seit 2011 Chef-Redakteur im Betten.at-Schlafmagazin.

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