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Unsere innere Uhr bestimmt unseren Schlafrhythmus. Wann sind wir müde? Wann haben wir Hunger? Taktgeber unserer biologischen Uhr ist das Sonnenlicht. In der Nacht wird geschlafen, der Körper regeneriert sich, um am Tag wieder aktiv sein zu können.
Kommt das sensible System aus dem Takt, kann dies weitreichende Folgen für die körperliche und mentale Gesundheit des Menschen haben.
Um genau zu sein, gibt es nicht eine biologische oder innere Uhr, sondern jede Zelle hat ihren eigenen Zeitmesser, nach dem sich die verschiedenen Stoffwechselprozesse in der Zelle richten. Weil aber der Körper als Ganzes funktionieren muss, werden all diese Milliarden Uhren gleichgeschaltet und von einer gemeinsamen Schaltzentrale gesteuert. Diese Schaltzentrale ist in etwa so groß wie eine Erbse und nennt sich suprachiasmatischer Nukleus oder auch SCN.
Der SCN ist ein Nervenknäuel mitten im Gehirn. Er empfängt Impulse von speziellen Lichtrezeptoren der Augen und leitet diese Information an alle Organe, beziehungsweise alle Zellen weiter. So kommt es, dass die Stoffwechselprozesse jeder Zelle an das Sonnenlicht angepasst sind und somit auch an den 24-Stunden-Takt der Erdumdrehung.
Auch die einzelnen Organe unterliegen rhythmischen Aktivitätsschwankungen. Beispielsweise verwertet die Leber Nahrung nur zu bestimmten Tageszeiten. Dies natürlichen Rhythmen beeinflussen auch die Wirksamkeit von Medikamenten. Dieses Wissen lässt sich auch gezielt einsetzen, wie zum Beispiel bei der Behandlung von Krebspatienten: Wenn die zeitlichen Fenster der biologischen Prozesse im menschlichen Körper beachtet werden, kann während der Chemotherapie eine geringere Konzentration von Zytostatika verabreicht werden.
Die Chronobiologie untersucht die zeitliche Organisation physiologischer Prozesse. Als biologische Rhythmen werden wiederkehrende Regelmäßigkeiten im Körper bezeichnet. Licht und Temperatur gelten als Taktgeber für die innere Uhr. Da die meisten Stoffwechselprozesse des Körpers an den Tag-Nacht-Rhythmus angepasst sind, spricht man von einem Circadianen Rhythmus. Der Begriff Circadianer Rhythmus kommt aus dem Lateinischen und beschreibt eine Zeitspanne von circa einem Tag, beziehungsweise 24 Stunden (lat. circa "ungefähr" und dies "Tag").
In den 1970er-Jahren stellte der Wissenschaftler Jürgen Aschoff fest, dass die innere Uhr auch dann weiter schwingt, wenn der Taktgeber Licht ausfällt. Für sein Experiment isolierte er Freiwillige über mehrere Wochen in einem unterirdischen Bunker und stellte fest, dass der innere Rhythmus der Probanden auch in ständiger Dunkelheit gleich blieb.
2017 erhielten die drei Wissenschaftler Michael Rosbash, Michael W. Young und Jeffrey C. Hall den Medizin-Nobelpreis für ihre Forschung im Bereich der Chronobiologie. Es war ihnen gelungen, bei Fruchtfliegen das Gen zu isolieren, das den Tag-Nacht-Rhythmus steuert. Sie stellten fest, dass bei der Steuerung des circadianen Rhythmus ein Protein maßgeblich beteiligt ist. Während der Nacht nimmt die Konzentration dieses Proteins in der Zelle zu und während des Tages nimmt sie wieder ab. Diese Ergebnisse lassen sich auch auf den menschlichen Körper übertragen, um Störungen im Schlaf-Wach-Rhythmus zu verstehen.
Ob man zu den Morgenmuffeln oder den Frühaufstehern gehört ist vermutlich eine genetische Prädisposition, also angeboren und kann nicht so einfach verändert werden. Allerdings kann es während des Lebens individuelle Veränderungen geben. So zählen viele Kinder zu den "Lerchen", da sie häufig früh aufstehen, in der Pubertät schlafen sie dann lieber länger und werden als "Eulen" charakterisiert. Aber auch im weiteren Verlauf des Lebens kann es noch zu Veränderungen des Schlafrhythmus kommen.
Der Schlaf dient nicht nur der einfachen Erholung und Ruhe, sondern hat einen ganz eigenen Nutzen für jede einzelne Zelle. Viele verschiedene Prozesse laufen nachts im Körper ab. Körper und Gehirn sind auch im Schlaf aktiv und starten ihre Reparaturprogramme. Die Körpertemperatur sinkt um ein halbes Grad Celsius, die Muskeln entspannen sich und bilden neue Eiweiße.
Das was wir am Tag erfahren und gelernt haben, wird im Gehirn gespeichert und es entstehen neue Nervenverbindungen. Während des Tages ist das Immunsystem immer in Alarmbereitschaft und bereit den menschlichen Körper zu schützen. In der Nacht hat es Zeit, sich zu erholen und zu stärken.
Auch der Stoffwechsel braucht die Nacht zur Erholung. Er arbeitet langsamer als am Tag, ist aber nicht untätig. Vieles, was in der Nacht im Körper geschieht, ist noch nicht umfassend erforscht. Es gibt aber eine Theorie, nach der der Stoffwechsel in der Nacht freie Radikale unschädlich macht. Außerdem werden Botenstoffe ausgeschüttet, die das Hunger- und Sättigungsgefühl regulieren. Zu Beispiel das Hormon Leptin hemmt das Hungergefühl und wird in der Nacht aktiv. Wer zu wenig schläft, bildet weniger davon und stattdessen mehr Ghrelin, das für das Hungergefühl zuständig ist. Wenn wir dauerhaft zu wenig Schlaf bekommen, also weniger als sechs Stunden pro Nacht, gerät der Stoffwechsel aus dem Takt und es kann zu Übergewicht und letztendlich zu Erkrankungen wie Diabetes führen.
Viele Hormone und Enzyme werden in der Ruhephase im Körper aktiv: Wachstumshormone werden ausgeschüttet, die Zellen erneuert, die Haut regeneriert, Wunden heilen. Das Knochenmark bildet frisches Blut.
Unsere Lebensweise verlangt häufig von uns, gegen unsere innere Uhr zu leben. Dies kann unseren Schlaf-Wach-Rhythmus durcheinanderbringen und unser Organismus gerät aus dem Gleichgewicht. Ursache dafür kann Schichtarbeit sein, oder die Tatsache, dass wir uns viel zu viel in geschlossenen Räumen aufhalten. In Innenräumen liegt die Lichteinstrahlung um ein Vielfaches niedriger als Draußen. Dieses Lichtdefizit kann zu Schlaf- und Essstörungen und sogar zu Depressionen führen.
Auch auf Flugreisen kann es durch das Durchqueren verschiedener Zeitzonen zu einer Störung des circadianen Systems kommen. Verschieden Airlines benutzen bereits Tageslicht ähnliche Beleuchtung, die den Tag-Nacht-Rhythmus simulieren, um die Folgen des Jetlags so gering wie möglich zu halten.
Viele Schlafstörungen werden auch damit in Verbindung gebracht, dass wir zu viel blauem Licht ausgesetzt sind. Blaues Licht ist ganz natürlich im Sonnenlicht enthalten und hilft dem Körper, Tag und Nacht zu unterscheiden. Zudem steuert es die Ausschüttung des Schlafhormons Melatonin.
Das Problem ist, dass wir durch LED-Lampen und Bildschirme von Fernseher, Laptop und Smartphone einer Überdosis blauen Lichts ausgesetzt sind und die Ausschüttung von Melatonin dadurch gehemmt wird. Die Folgen sind Schlafstörungen und, dadurch dass das blaue Licht stärker flackert, auch Kopfschmerzen und Augenerkrankungen, die bis zur Zerstörung der Netzhaut gehen können. Abhilfe schaffen können spezielle Schutzbrillen und die Verwendung von warmweißen Lichtquellen mit weniger als 3.300 Kelvin, um zu einem gesunden Schlaf zurückzufinden.