Was passiert in meinem Körper, während ich schlafe?
Wer schlafen geht, der legt sich zur Ruhe. Doch selbst in der tiefsten Entspannung ist die Inaktivität des Körpers eine Illusion. Schlaf ist ein sehr komplexes Zusammenspiel von lebenswichtigen Körperfunktionen, ohne die der Mensch nicht überleben kann. Es ist schon erstaunlich, was unser Körper alles leistet, während wir einem neuen Tag entgegen schlummern.
Die Einschlafphase
Viele Menschen können nur schlecht einschlafen, wenn es zu hell im Zimmer ist. Das hat seinen Grund: Erst die Dunkelheit regt die Zirbeldrüse dazu an, ausreichend Melatonin zu produzieren. Dieses Hormon entfaltet seine Schlaf anstoßende Wirkung übrigens nicht nur in der Nacht, sondern auch bei Lichtmangel an dunklen Wintertagen.
Durch eine erhöhte Melatonin-Konzentration im Blut bekommt der Körper das Signal, sich auf den Schlaf vorzubereiten. Jetzt schalten alle Systeme auf Entspannung: Die Herzfrequenz nimmt ab, der Blutdruck und die Körpertemperatur sinken. Die Atmung wird flacher und sehr regelmäßig. Auch die Muskulatur entspannt sich.
Unser Schlaf hat einen Rhythmus
Wer glaubt, dass der Schlaf ein gleichförmiger Zustand ist, der irrt. Der Organismus durchläuft vielmehr verschiedene Schlafphasen, die sich im Laufe der Nacht mehrmals wiederholen. Dabei wechselt sich die Tiefschlaf- oder NON-REM-Phase mit der Traum- oder REM-Phase ab.
Nach dem Einschlafen versinken Körper und Bewusstsein zunächst in den ersten Tiefschlaf, danach beginnt die erste REM-Phase. Die Abkürzung REM steht für Rapid Eye Movement und bezeichnet den Schlafintervall, in dem wir träumen. Nach außen lässt sich diese Phase leicht an ihrem namensgebenden Phänomen erkennen: Die Augäpfel bewegen sich unter den geschlossenen Lidern schnell hin und her. Weitere Anzeichen sind eine unregelmäßige Atmung und eine schwankende Herzfrequenz. Der Blutdruck steigt an und die Durchblutung des Gehirns nimmt zu. In dieser Phase verarbeitet und bewertet das Gehirn die Erlebnisse des Tages. Damit die oft recht intensiven Träume nicht motorisch ausgelebt werden, immobilisiert der Körper nun die wichtigsten Muskelgruppen.
Die erste REM-Phase dauert nur etwa zehn Minuten und geht dann in die nächste NON-REM-Phase über. Im Laufe der Nacht werden die REM-Phasen allerdings immer länger, bis die Letzte ungefähr eine ganze Stunde andauert.
Welche Sinne sind im Schlaf aktiv?
Auch wenn wir sie im Schlaf nur selten brauchen: Alle fünf Sinne bleiben die ganze Nacht über aktiv und sind ständig auf Empfang. Damit sie unsere Nachtruhe trotzdem nicht stören, werden die eingehenden Reize im Gehirn gefiltert. Dafür zuständig ist der Thalamus, der nicht umsonst auch Tor zum Bewusstsein genannt wird. Treffen hier extrem starke oder sehr ungewohnte Reize ein, lässt der Thalamus sie durch, damit sie ins Bewusstsein dringen – und der Schläfer wacht auf.
Doch der Thalamus kann noch mehr: Wenn vertraute Reize plötzlich fehlen, gibt das Gehirn ebenfalls Alarm und weckt den Schläfer damit auf. Wer also normalerweise dicht an einer stark befahrenen Straße nächtigt, darf sich im Urlaub nicht wundern, wenn der fehlende Verkehrslärm einen unruhigen Schlaf beschert.
Vor allem jungen Eltern sind sicher bestens vertraut ist der Ammenschlaf. Hier dringt jedes leise Wimmern des geliebten Nachwuchses sofort ins Bewusstsein, und Vater oder Mutter ist schlagartig hellwach. Der Grund ist schnell erklärt: Sind mit den Sinneseindrücken intensive Emotionen verknüpft, ist die Reizschwelle extrem niedrig. Entsprechend leicht werden diese Geräusche dann wahrgenommen.
Im Schlaf lernen?
Und ob: Die mehrfach wiederkehrende Tiefschlafphase verwendet das Gehirn für die Gedächtnisbildung. Biochemische Veränderungen leiten wichtige kognitive Prozesse ein, Erlerntes und Erlebtes wird in das Langzeitgedächtnis übertragen. Studien haben gezeigt, dass Menschen mit gestörter Tiefschlafphase über eine stark verminderte Lern- und Merkfähigkeit verfügen. Im Schlaf zu lernen ist also keinesfalls reines Wunschdenken – wer nach seinen Lektionen ausreichend Nachtruhe erhält, kann neue Informationen sowohl leichter behalten als auch besser abrufen.
Zeit für die Hormone
Während wir schlafen, schüttet unser Körper lebenswichtige Hormone aus, die im Körper zahlreiche Aufgaben erfüllen.
Während der Nacht sinkt der Spiegel des Stresshormons Kortisol – er steigt erst in den frühen Morgenstunden wieder an. Vor allem kurz nach dem Einschlafen wird außerdem viel Renin ausgeschüttet, das die Nierenfunktion steuert. Ebenfalls beginnen nun die Wachstumshormone ihre Arbeit: Gewebe wird repariert, Körperzellen regenerieren. Zudem regeln sie das Knochenwachstum und den Muskelaufbau, was ausreichend Schlaf gerade für Kinder so wichtig macht.
Schlaf für ein starkes Immunsystem
Die Abwehrkräfte des Körpers stehen in engem Zusammenhang mit der Qualität und Dauer des Schlafes. Darum steigt schon bei leichten Infektionen das Schlafbedürfnis. Schuld sind Botenstoffe, die uns müde machen, damit im Schlaf natürliche Abwehrzellen gebildet und in großer Zahl ausgeschüttet werden können. In klinischen Studien konnten Mediziner nachweisen, dass ausreichend Schlaf außerdem die Bildung von Immunzellen nach einer Impfung begünstigt. Die Kontrollgruppe, die nach der Impfung nicht genug Schlaf bekam, hatte erheblich weniger Abwehrkörper im Blut.
Schlank im Schlaf?
Für die Verdauung und den Stoffwechsel ist ausreichend Schlaf essenziell. Der Körper hat nur dann die nötige Ruhe für wichtige Verdauungsvorgänge und kann so seinen Fetthaushalt stabilisieren.
Eine besondere Rolle spielen dabei die Hormone Leptin und Ghrelin. Während Leptin für das Gefühl der Sättigung verantwortlich ist und in höherer Konzentration den Energieverbrauch steigert, steuert Ghrelin den Appetit und verursacht das Hungergefühl. Schlafstörungen setzen die Leptin-Ausschüttung nachweislich herab, während die Ghrelin-Produktion zunimmt. Das hat zur Folge, dass wir mehr Nahrung zu uns nehmen, als wir eigentlich benötigen. Wer also nicht ausreichend schläft, wird langfristig eher zu Übergewicht neigen.