Die Matratzenmafia – Abzocke im großen Stil?
Das Geschäft mit Matratzen ist lukrativ – bis zu 1,5 Milliarden Euro geben die Deutschen jedes Jahr für neue Schlafunterlagen aus. Doch wer Preise vergleicht, wird schnell stutzig – wie kann es sein, dass dieselbe Markenmatratze in vielen Geschäften das gleiche kostet? Gibt es denn auf dem Matratzenmarkt keinen Wettbewerb?
Möglicherweise nicht – vermutet zumindest das Kartellamt. Bereits seit einiger Zeit wird gegen mehrere große Matratzenhersteller kartellrechtlich ermittelt. Der Verdacht: illegale Festpreisvorgaben, die den Händler in seiner Preisautonomie empfindlich einschränken. Wer sich nicht daran hält, soll von den Herstellern sogar massiv unter Druck gesetzt werden. Konstruierte Lieferengpässe sind der Vorwand, um renitenten Händlern die Ware bewusst vorzuenthalten – und zwar so lange, bis sie sich dem Preisdiktat beugen.
Preisvorgaben verhindern den Wettbewerb
Natürlich streiten die Hersteller ab, gegen das GWB zu verstoßen, doch klare Hinweise auf illegale Praktiken sprechen eine deutliche Sprache. Von einigen Herstellern liegen Preislisten vor, in denen die vorgeschriebenen Preise klar angegeben sind: In Möbel- und Bettenhäusern, sowie im vermeintlich günstigen Matratzendiscounter sind hohe Gewinnspannen keine Seltenheit. Andere drucken für Ihre Händler sogar Werbematerialien mit festen Preisangaben – der dezente Hinweis, dass es sich um unverbindliche Preisempfehlungen handelt, steht wohl nur zum Schein in der Fußzeile.
Der eigentliche Verlierer dieser Preisabsprachen ist allerdings der Verbraucher: Er kann weder sinnvoll Preise vergleichen, noch findet unter den Herstellern ein echter Qualitätswettbewerb statt. Denn warum sollen sich die Hersteller um Produktverbesserung bemühen, wenn sie sich der Konkurrenz nicht im direkten Wettbewerb um die Verbraucher stellen müssen? Im Ergebnis beherrschen viele überteuerte Modelle den Markt, die nicht die Qualität aufweisen, die eine echte Hersteller-Konkurrenz hervorbringen würde.
Falsche Streichpreise als Lockmittel
Doch nicht nur durch vorgegeben Festpreise wird der Verbraucher getäuscht und ein echter Wettbewerb auf dem Matratzenmarkt verhindert – manche Matratzenhändler haben noch mehr Tricks auf Lager. Im Gegensatz zu vorgebenden Festpreisen sind diese Praktiken allerdings legal.
So werden zum Beispiel hanebüchene Streichpreise angegeben, die in Wahrheit für die Matratze nie gegolten haben. Dick durchgestrichen und mit einem niedrigeren Preis ergänzt täuschen sie dem Verbraucher eine Ersparnis vor, die überhaupt nicht existiert – und animieren so zum Kauf.
Eine beliebte Taktik der Markenhersteller ist auch, bekannte Modelle mit geringfügigen Änderungen unter anderen Modellnamen in Discountern und im Internet preiswerter anzubieten. Der Matratzenkern ist jedoch bei allen Ausführungen derselbe. Möbelhaus-Kunden legen so für die gleiche Matratze mehr Geld auf die Ladentheke, obwohl der Unterschied zum Discounter-Angebot nur eine Kleinigkeit ist. Preise zu vergleichen wird durch diese Modellpolitik extrem kompliziert.
Worauf beim Matratzenkauf achten?
Auch wenn alle großen Hersteller es abstreiten: Presseberichte und die Ermittlungen des Kartellamtes legen nah, dass es kaum einen Markenhersteller gibt, der sich von diesen Praktiken freisprechen kann. Was also tun, wenn der Kauf einer neuen Matratze ansteht? Auf dem Boden schlafen ist garantiert die schlechteste Alternative. Außerdem gibt es einige Anhaltspunkte, die einen aufgeklärten Käufer stutzig machen sollten.
Wer Angebote vergleicht, ist besser misstrauisch: Ein „Nur heute gültig!“-Angebot, das dann über Wochen im Internet steht, ist sicher nicht seriös. Lassen Sie sich auch nicht von exorbitanten Streichpreisen beeindrucken – es ist sehr unwahrscheinlich, dass dieser Preis jemals für das Produkt gegolten hat.
Bei unterschiedlichen Modellen des gleichen Herstellers lohnt es sich, die Ausstattung genauer unter die Lupe zu nehmen. Manchmal unterscheidet sich das günstigere Modell aus dem Internet nur in unwichtigen Details vom Premium-Angebot aus dem Möbelhaus. Wer hier Zeit in einen genauen Vergleich investiert, kann bares Geld sparen.
Verbrauchertäuschung nach dem Kauf?
Sie haben eine wirklich günstige Matratze im Internet gefunden und sofort bestellt? Gehen Sie nicht automatisch davon aus, dass Sie das Schnäppchen auch erhalten. Es gibt unseriöse Händler, die Matratzen mit Lockpreisen anbieten. Geht ein interessierter Käufer an die Angel, meldet sich der Händler telefonisch kurz nach dem Kauf. Der Grund ist immer der gleiche: Leider, leider, ist gerade dieses Matratzenmodell zurzeit nicht lieferbar … aber selbstverständlich wäre ein viel besseres Modell zu haben – allerdings zu einem höheren Kaufpreis.
Lassen Sie sich auf solche Verkaufspraktiken nicht ein, denn zumeist werden Sie von gewieften Verkäufern über den Tisch gezogen. Ganz eindeutig ist die Sachlage, wenn die von Ihnen bestellte Matratze im Internet vom selben Händler noch immer als lieferbar angeboten wird. Ein sofortiger Rücktritt vom Kauf ist in solchen Fällen die einzig sinnvolle Entscheidung.
Es bleibt zu hoffen, dass die Ermittlungen des Kartellamtes bald zu einem Ergebnis kommen. Jedoch drohen den Herstellern lediglich Bußgelder, die in keinem Verhältnis zu den erzielten Gewinnen stehen. Ob sich die Matratzenmafia so von ihren Praktiken abbringen lässt, darf ernsthaft bezweifelt werden.
Lassen Sie sich beim Matratzenkauf nicht abzocken – 10 nützliche Tipps:
- Vergleichen Sie Matratzenpreise immer online und im Fachhandel, achten Sie auch auf evtl. zusätzlich anfallende Versandkosten.
- Wenn Sie das gewünschte Modell nicht bei anderen Anbietern finden, suchen Sie sich anhand der Ausstattungsmerkmale ein ähnliches Modell und vergleichen Sie dieses.
- Lassen Sie sich nicht durch „Hammer-Angebote“ unter Druck setzen, sondern vergleichen Sie die Ausstattung in Ruhe mit anderen Produkten, Angebote gibt es immer wieder
- Lassen Sie sich nicht von Testsiegeln blenden: Matratzen sind so individuell, dass man nicht pauschal sagen kann, dass z.B. ein Testsieger auch in Ihrem Fall die beste Matratze ist. Lassen Sie sich stattdessen ausführlich beraten. Wichtige Kriterien sind hier z.B. Körpergewicht, Schlafposition, bereits vorliegende Rückenprobleme
- Lassen Sie sich nicht durch allzu günstige Preise im Internet verleiten, damit Sie keinem Betrüger auf den Leim gehen: Wenn der Händler versucht, Sie nach dem Kauf auf ein „noch besseres Angebot“ umzuberaten, z.B. mit dem Vorwand, „da die Matratze gerade nicht lieferbar sei“, gehen Sie nicht darauf ein, sondern bestehen Sie auf die Lieferung oder die Stornierung des Auftrages. Dies ist eine Masche, die manche Internet-Shops versuchen, um Kunden mit günstigen Angeboten zu ködern.
- Gehen Sie bei Online-Anbietern immer sicher, dass es sich nicht um eine Briefkastenfirma handelt: Prüfen Sie das Impressum und rufen Sie auch unter der angegebenen Rufnummer an, um sich beraten zu lassen.
- Googeln Sie nach Erfahrungsberichten über den Anbieter, über unseriöse Anbieter und Abzocker wird in den meisten Fällen im Internet diskutiert.
- Achten Sie auf ein mindestens 30-tägiges Rückgabe- und Umtauschrecht. Gerade im stationären Handel haben Sie ohne eine schriftliche Zusage des Händlers keine Möglichkeit, Matratzen zurückzugeben oder umzutauschen, wenn diese nicht zu Ihnen passen.
- Wägen Sie immer ab, ob Sie „tolle Zusatzausstattungen“ auch tatsächlich benötigen und lassen Sie sich vom Berater, der im Möbelhaus meist nach Umsatz bezahlt wird, nicht zu unnötigen Dingen überreden.
- Prüfen Sie bei Bundle-Angeboten (z.B. Matratze + Lattenrost) immer, ob Sie tatsächlich günstiger fahren als bei einer Einzelbestellung der gebündelten Produkte.