Bettnässen bei Kindern und Jugendlichen – was steckt dahinter?

Geschätzte Lesezeit: 7 Minuten

Bettnässen bei Kindern und Jugendlichen - was kann man tun?Wenn Kinder ins Bett machen, ist damit ab einem gewissen Alter meist auch Scham für das Kind verbunden, so dass die Situation gleich aus mehreren Gründen unangenehm ist. – Eltern betroffener Kinder machen sich zudem Sorgen und fragen sich, ob alles mit dem Kind in Ordnung ist oder ob wegen dem Bettnässen etwas unternommen werden muss.

Im Schlafmagazin von Betten.at gehen wir dem Thema Bettnässen bei Kindern und Jugendlichen auf den Grund. Klären auf, was dahinter stecken kann und geben wichtige Informationen und Tipps zum richtigen Umgang mit dem Bettnässen bzw. dazu, was gegen das Bettnässen unternommen werden kann.


Was ist Bettnässen?

Von Bettnässen ist die Rede, wenn es bei Kindern zu einer unkontrollierten Harnentleerung in der Nacht kommt. Die Blase wird beim Bettnässen komplett geleert.

Bettnässen tritt bei Jungen häufiger als bei Mädchen auf.


Was ist Enuresis nocturna?

Enuresis nocturna steht in der medizinischen Fachsprache für das nächtliche Bettnässen. Davon zu unterscheiden ist das Einnässen während des Tages, welches als Enuresis diurna bezeichnet wird.

Wenn Kinder auch tagsüber nicht trocken sind, kann auch eine Blasenstörung bzw. Harninkontinenz vorliegen. Hier sollte auf jeden Fall medizinische Hilfe gesucht werden.


Was ist der Unterschied zwischen primärer und sekundärer Enuresis?

Von einer primären Enuresis bzw. Enuresis nocturna spricht man, wenn das Kind seit seiner Geburt – also noch nie in seinem Leben – eine Nacht ohne Windel „überstanden“ hat. Die primäre Enuresis betrifft den Großteil der betroffenen bettnässenden Jungen und Mädchen (ca. 75 % bis 80 %).

Waren Kinder bereits trocken (mindestens ein halbes Jahr lang nachts ohne Windel bzw. Zwischenfälle) und es kommt dann zum Bettnässen, spricht man von einer sekundären Enuresis. Für die sekundäre Enuresis gibt es oft psychische Ursachen.


Ist Bettnässen eine Krankheit?

Normalerweise lernen Kindern irgendwann im Alter zwischen dem 3. und 6. Lebensjahr auch während der Nacht bzw. während des Nachtschlafs die Kontrolle über die Blase zu behalten. Es kann allerdings aufgrund psychischer oder körperlicher Anspannungen dazu kommen, dass die beschriebene nächtliche Steuerung der Blase auch bei Kindern nach dem 6. Lebensjahr nicht korrekt gegeben ist und es zum Bettnässen kommt.

Wenn Kinder – wie beschrieben – auch in „höherem“ Alter keine Blasenkontrolle in der Nacht haben, spricht man von einer Störung. Bisweilen wird das Bettnässen aber auch als Kindererkrankung bezeichnet.

Vom Bettnässen betroffen sind etwa

25 % aller 4-jährigen Kinder
10 % aller 7-jährigen Kinder
1-2 % aller Kinder über 7 Jahren

Man bezeichnet das Bettnässen deshalb auch als häufigste Störung – nach Allergien – im Kinderalter.


Warum nässen Kinder nachts ein?

!Wichtig!

Kein Kind nässt sich absichtlich ein. – Bettnässen ist in den meisten Fällen immer mit Scham und Schuldgefühlen beim Kind verbunden!

Bettnässen ist normalerweise auch nicht auf einen Erziehungsfehler zurückzuführen!

Dieses sollten Eltern stets im Hinterkopf haben.

Wenn es zum nächtlichen Einnässen des Bettes kommt, denken Eltern schnell an psychische Ursachen. Oft sind zusätzlich zu seelischen allerdings auch organische Gründe für das Bettnässen vorhanden: Eine Entwicklungsverzögerung der Harnblase kann zum Beispiel genauso ursächlich für das Bettnässen sein wie ein noch nicht korrekt funktionierendes Gehirn. – So kann es sein, dass das Hirnareal, welches regulär dafür sorgt, dass man nachts erwacht, wenn die Blase „drückt“ und entleert werden muss, beim Kind noch nicht richtig arbeitet bzw. vollständig angelegt ist. Aus diesem Grund schläft das betroffene Kind einfach weiter, während sich die Blase irgendwann „von selbst“ im Bett entleert.

Darüber hinaus kann auch ein Hormonmangel für die Enuresis verantwortlich sein: Es geht dabei um das Antidiuretische Hormon (auch: Adiuretin oder kurz: ADH). Dieses Hormon bewirkt vor allem in der Nacht eine vermehrte Rückgewinnung von Flüssigkeit aus dem Primärharn, was zu einer höheren Konzentration des Urins und damit zu einer Abnahme des Urinvolumens bzw. der Urinmenge führt. In der Folge muss man in der Nacht weniger bzw. gar nicht zur Toilette. Das Hormon wird heutzutage auch als Vasopressin künstlich hergestellt und kann so als Medikament gegeben werden, wenn ein ADH-Mangel als Ursache für das Bettnässen angenommen wird.

Im Schlaf bilden Erwachsene lediglich ein Drittel ihres gesamten Urins. – Bei Babys erfolgt eine gleichmäßige Urinproduktion am Tag und in der Nacht (24 Stunden). Mit dem Heranwachsen des Kindes kommt es hier normalerweise zu einer hormonbedingten Umstellung.

Man geht davon aus, dass es eine erbliche Veranlagung für das Bettnässen gibt, so dass Kinder von Eltern, die als Kinder selbst von Enuresis nocturna betroffen waren, mit einer höheren Wahrscheinlichkeit selbst zu Bettnässern werden.

Als Auslöser einer sekundären Enuresis nocturna kommen u. a. auch Infektionen (besonders häufig bei Mädchen), Diabetes oder andere Erkrankungen infrage.

Durch eine Schlafapnoe kann es bei Kindern ebenfalls zu Bettnässen kommen.

Bettnässen kann auch durch Stress bzw. seelische Belastung ausgelöst werden. In diesem Zusammenhang ist die Enuresis nocturna häufiger bei Verlust bzw. Tod eines geliebten Menschen, Scheidung oder auch bei Geburt eines Geschwisterkindes zu beobachten.

Sollte eine Enuresis (tagsüber, nachts, kombiniert) vorliegen, kann diese ihrerseits beim Kind zu ausgeprägten psychischen Problemen führen. Beim Einnässen über Tag kann es zu peinlichen Situationen mit Gleichaltrigen in der Schule kommen, die dazu führen, dass das betroffene Kind zusätzlich noch gehänselt wird und sich mehr und mehr zurückzieht oder auch isoliert, wenn es z. B. um die Teilnahme an Klassenfahrten geht.

Die Ursachen für das Bettnässen sollten unbedingt geklärt werden. Für den Arzt ist es hilfreich, wenn dazu ein Trink- und Urinprotokoll des Kindes vorliegt. In diesem Zusammenhang ist auch die Rede von einem so genannten Miktionsprotokoll (Miktion bedeutet Harnlassen). Ein entsprechendes Formular sowie weitere Informationen der Deutschen Kontinenz Gesellschaft e.V. dazu können Sie hier im pdf-Format herunterladen.


Muss Bettnässen behandelt werden?

Bis zu einem Lebensalter von fünf Jahren ist es vollkommen normal und unbedenklich, wenn Kinder ab und an mal unfreiwillig Urin „verlieren“.

Wenn das Kind allerdings älter als sechs Jahre ist und es häufiger als zweimal pro Monat zum Bettnässen kommt, sollte man – sofern es keine bereits bekannte organische Ursache für die Enuresis nocturna gibt – beim Arzt nach Therapiemöglichkeiten fragen.


Wie wird Bettnässen behandelt?

!Wichtig!

Wie bereits geschrieben, ist das Bettnässen für den Großteil mit Scham und Schuldgefühlen behaftet. Eltern sollten deshalb versuchen, das Selbstbild des Kindes so gut wie möglich zu schützen. Vorwürfe, Druck oder gar Strafe als Reaktion auf das Bettnässen sind unangebracht und kontraproduktiv, wenn es darum geht, die Probleme in den Griff zu bekommen.

Auch wenn es wahrscheinlich in der ein oder anderen Nacht sehr lästig und anstrengend ist, das Bett zum x-ten Mal abzuziehen und neu zu beziehen, sollte man also einen ruhigen Kopf bewahren und so wenig Stress wie möglich aufkommen lassen. Stattdessen sollte das Kind getröstet werden.

Welche Therapie für die Behandlung der Enuresis geeignet ist, hängt unter anderem davon ab, ob das Kind nur nachts oder auch tagsüber die Kontrolle über die Blase verliert.

Eine Option zur Therapie bei Bettnässen ist die klassische Konditionierung: Dazu kommt die so genannte Klingelhose zum Einsatz. Wie sich vielleicht schon erahnen lässt, ist es bei der Klingelhose so, dass diese ein akustisches Signal aussendet, wenn das Kind nachts Urin „verliert“ und die Hose feucht wird. Durch das Klingeln der Hose soll das Kind erwachen und es im Idealfall noch bis zur Toilette schaffen, bevor alles durchnässt ist. Statt einer Klingelhose, die das Kind am Körper trägt, kann auch eine so genannte Klingelmatte in das Bett gelegt werden, welche nach dem identischen Prinzip funktioniert. – Wenn der betreuende Arzt einen Einsatz von Klingelhose oder Klingelmatte – man spricht in diesem Zusammenhang auch von einer so genannten Alarmtherapie – befürwortet, kann er übrigens ein Rezept dafür ausstellen. Die Kosten werden dann in der Regel von der Krankenkasse getragen. (Hinweis: Der Ausdruck Klingelhose ist übrigens eine eingetragene Wortmarke der STERO Medizinische Geräte GmbH & Co. KG..)

Eltern können auch versuchen, das Kind noch einmal zu wecken und zur Toilette zu schicken, bevor sie selbst ins Bett gehen. Manchmal reicht diese Maßnahme schon aus, um ein Einnässen während der weiteren Nacht zu verhindern.

Es kann auch hilfreich sein, einen Nachttopf neben dem Bett aufzustellen. So hat das Kind einen möglichst kurzen Weg.

Tipps gegen das Bettnässen – Was man gegen Enuresis nocturna tun kann:

Selbstachtung des betroffenen Kindes bewahren – Kind stets unterstützen, nie strafen!

Falls möglich Trinkmenge am Abend reduzieren. Dieses kann helfen, wobei man allerdings darauf achten muss, dass das Kind sonst genug trinkt. Auch hier sollte nicht mit Druck oder Zwang vorgegangen werden. – Wenn das Kind ein stärkeres Durstgefühl hat, sollte es dieses befriedigen dürfen.

Das Kind zweimal vor dem Schlafengehen zum Toilettenbesuch ermuntern, allerdings keinen Druck aufbauen.

Töpfchen neben dem Bett aufstellen. Wenn das Kind möchte, kann es sich seinen Nachttopf selbst aussuchen. Es kann hilfreich sein, einen nachtleuchtenden Topf zu wählen bzw. den Topf mit fluoreszierender Farbe zu bemalen, damit er schneller im Dunkeln gefunden wird.

Das Kind noch einmal wecken und zur Toilette schicken, bevor man selbst zu Bett geht. Dabei sollte man sich vergewissern, dass das Kind richtig wach ist. – Im Halbschlaf auf die Toilette oder den Topf setzen, hilft dem Kind nicht und löst auch das Problem des Bettnässens nicht!

Man sollte darauf achten, dass vom Bettnässen betroffene Kinder insgesamt ausreichend Schlaf bekommen. Dann fällt es dem Kind leichter, von allein aufzuwachen, wenn es in der Nacht zur Toilette muss.

Um die Matratze des Bettes vor Verunreinigungen zu bewahren, empfiehlt sich die Verwendung einer schützenden Matratzenauflage.

Daneben können auch Medikamente eingesetzt werden, die für eine Beruhigung der Blase sorgen oder die Urinproduktion während der Nacht senken.

Manchmal hilft eine Reha, in der die Kinder durch spezielle Muskelübungen trainieren ihre Blasenfunktion zu kontrollieren. Ergänzend gibt es in der Reha Psychotherapie, in der negative Empfindungen, Schuldgefühle und Selbstvorwürfe „behandelt“ werden. Durch die Psychotherapie soll verhindert werden, dass Peinlichkeit und Scham bei den Kindern bzw. Jugendlichen überhandnehmen. Weiterhin erfolgt eine Würdigung positiver Entwicklungen und Erfolgsbestätigung. Durchschnittlich dauert eine Reha wegen Bettnässen sechs Wochen. Innerhalb dieser Zeit lassen sich die Probleme bzw. die Enuresis nicht bei allen Betroffenen heilen, so dass bei einem Teil auch nach der Reha noch Übungen zuhause mit den Eltern durchgeführt werden müssen. Darüber hinaus empfehlen sich regelmäßige Besuche beim Kinderarzt.

Operative Eingriffe (chirurgisch, urologisch) sind nur selten zur Behandlung des Bettnässens erforderlich.


Weitere Informationen über das Bettnässen bzw. die Enuresis im Internet:


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Judith Schober

Als Content Marketing Managerin betreut sie seit 2014 die Online-Redaktion des Shops Betten.at. Im Schlafmagazin veröffentlicht sie u. a. Beiträge rund um aktuelle Einrichtungstrends sowie Pflegetipps und Artikel zu Gesundheitsthemen.

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